Ich gebe zu, dass ich mich nicht wirklich um ACTA gekümmert habe, zumal mir auch „Netzpolitik“ irgendwie nicht geheuer ist, ich habe immer so ein ganz leichtes Bauchgrummeln, weil ich das Gefühl habe, dass diese ganze Bloggo-, Twitter-, Podcastosphäre eigentlich eh nur ein paar wenige tausend wirklich interessiert. Sei’s drum, in den letzten Wochen hatte ich zu viel um die Ohren, als dass ich RSS-Feeds und Twitter großartig hätte verfolgen können, ja sämtliche Twitterclients waren sogar 14 Tage lang komplett geschlossen – hat mir gar nicht gefehlt, aber das ist ein anderes Thema. Da wir gestern nach Dortmund ins Theater wollten, bin ich über die Anti-ACTA-Demo in Dortmund gestoßen und habe dann doch mal ein bisschen nachgelesen. Plakativ gesagt: Böse scheint es zu sein, das ACTA-Abkommen. Denn es geht um unter anderem um Copyright und darum, dass Copyrightverstöße nach ACTA auch international verfolgt werden können und das schränkt die Freiheit im Internet ein und so. Und deshalb setzten sich am vergangenen Wochenende etliche Menschen Anonymousmasken auf und demonstrierten. Gegen ACTA.

Ich zitiere einfach mal von www.zeit.de

[quote]Kritiker fürchten, dass mit ACTA künftig Telekommunikationsanbieter gezwungen werden könnten, die Inhalte, die über ihre Leitungen gehen, zu durchsuchen, um beispielsweise Filesharer zu finden – was nach Ansicht der Gegner bedeutete, dass über einen Umweg Netzsperren eingeführt würden. Außerdem gehen die darin enthaltenen Pläne teilweise weit über das in der EU rechtlich Erlaubte hinaus. So gebe es darin Klauseln, die vorsehen, auf der Suche nach illegalen Musikdateien an den EU-Grenzen beispielsweise Reisende zu durchsuchen und Laptops oder MP3-Player zu konfiszieren.[/quote]

Mhmm. Ja, es ist mir schon klar, dass es derzeit en vogue ist, gegen so etwas zu sein. Das Netz soll frei sein und jeder, der im Netz agiert, soll auch frei sein und Verlage und die Musikbranche und die Filmbranche, die sind alle böse und verdienen sich ja sowieso eine goldene Nase und überhaupt ist das ja alles nicht fair und so.

Komischerweise fällt es mir zunehmend schwer, mich zu entscheiden, auf welcher Seite ich in diesen Fragen stehe.

Geld für geistige Arbeit

Auf der einen Seite finde ich Dinge wie den sprichwörtlich gewordenen Schultrojaner abstrus und freiheitlich-demokratische Grundrechte sind mir ein hohes Gut auf der anderen Seite finde ich, dass man eben auch geistiges Eigentum stehlen kann, dass das kein Kavaliersdelikt ist und als Autor oder Herausgeber bin ich froh, wenn mir meine kreative Arbeit am Schreibtisch auch entlohnt wird – auch wenn ich damit niemals reich werde. Wenn jemand mein Auto aufbricht, es stiehlt und damit versucht über die Grenze zu kommen, bin ich ja auch froh, wenn die Polizei nach meinem Auto fahndet und es mir evtl. wieder zurückbringen kann. Warum sollte man also nicht auch geistiges Eigentum entsprechend schützen?

Etwas erdenken ist etwas wert

Natürlich weiß ich, dass all die ganzen Internetaktivisten nicht alle gleichzusetzen sind mit Raubkopieren – das ist BILD-Niveau, bestenfalls. Dennoch sträube ich mich dagegen, dass sämtliche Kulturerzeugnisse auf einmal kostenlos zu haben sein sollen, nur weil das Internet es möglich macht. Ich weiß, wie viel Arbeit z.B. in einer ordentlichen Audioaufnahme steckt und auch wenn der musikalische Wert von Chartmusik sicherlich verschwindend gering sein mag, so muss das ja doch alles irgendwo aufgezeichnet, bearbeitet, instrumentiert, gemastert und gepresst werden. Ich finde, die Menschen, deren Beruf es ist, Musik zu produzieren, sollten dafür auch Geld bekommen.

Es gibt ja schließlich auch Menschen, deren Beruf es ist, Kleidung herzustellen. Da gehe ich ja auch nicht zu H&M und klaue die Hose dort (angenommen, H&M-Hosen würden mir auch nur annähernd passen natürlich), weil ich ja weiß, dass die Herren H und M schon genug Geld haben.

Wenn ich versuche mich in die Situation eines Musikproduzenten hineinzuversetzen, der ein Musikstück aufnimmt, produziert und veröffentlicht, dann finde ich es nur gerechtfertigt, dass der Produzent dafür auch gerne Geld haben möchte. Und wenn jemand sein Werk stiehlt, dann sollte er (bzw. die Polizei) doch auch das Recht haben, diesen Jemand zur Rechenschaft zu ziehen, oder?

Kultur der Raubkopie

Wir müssen aufpassen, dass die Kultur des freien Netzes nicht falsch verstanden wird – grenzenlose Freiheit im Netz darf nicht gleichgesetzt werden mit regelfreier Raum. Wenn ich mit Schülern über „ihre“ Musik spreche, stelle ich fest, dass Musik heute

Angst vor Raubkopierern ist überhaupt nicht neu

prinzipiell eigentlich nicht mehr gekauft wird. Wenn Schüler ehrlich sind, dann geben sie zu, dass sie ihre Musik aus Filesharingnetzen bekommen oder per ICQ oder per Bluetooth oder als gebrannte MP3 Sammlung vom Onkel oder, oder, oder. Nur gekauft wird Musik eigentlich nicht. Computerspiele auch nicht. Ach ja und Software auch nicht. Also Office oder Photoshop oder Logic oder FL Studio oder Cubase. Es ist vollkommen klar, dass man sich digitale Medien kostenlos besorgt. Ich unterstelle, dass gar nicht allen klar ist, dass das eigentlich nicht der richtige Weg ist, an diese Materialien zu kommen…

Wenn ich hauptberuflich Musik oder Computerspiele oder Software produzieren würde, ich hätte keine Lust mehr, in diesem Segment tätig zu sein, glaube ich.

Papierabo oder digitaler Download?

Als es vor einiger Zeit um die neue Zeitschrift ging, die nun bald erscheint, habe ich mir Gedanken gemacht, ob eine Zeitschrift heute eigentlich noch state of the art ist, oder ob man nicht besser digitale Downloads anbieten sollte – Artikel mit Zusatzmaterial, pro Artikel für 1,30 Euro zu laden. Da der Verlag diese Möglichkeit nicht hat, wurde davon Abstand genommen. Die Zeitschriftenindustrie ist noch nicht so weit, das habe ich auch bei Verhandlungen mit einem anderen großen Lehrerzeitschriftenverlag gemerkt – man setzt noch auf Papier und auf das Abo.

Als Autor kann mir das relativ egal sein – ich bekomme mein Zeilenhonorar, das finanzielle Risiko trägt der Verlag. Von dieser Seite aus betrachtet leuchtet mir ein, dass der Verlag nicht möchte, dass sich nur EIN Musiklehrer in Deutschland das Heft kauft, es digitalisiert und es dann über Foren und Mailinglisten verteilt. Klar – so kann der Verlag die Kosten niemals wieder reinholen.

Als Lehrer auf der anderen Seite wäre ich sehr froh, Dinge digital nutzen zu können und mache mich damit, aktueller Rechtsprechung sei dank – strafbar. Ich befinde mich also in einer klassischen Zwickmühle – auf der einen Seite bin ich als Autor/Herausgeber durchaus daran interessiert, an meinen Werken wenigstens ein bisschen zu verdienen, auf der anderen Seite bin ich darauf angewiesen, meinen Unterricht mit eingescanntem Material zumindest annähernd auf das Level zu bringen, das im Jahr 2012 technisch angesagt sein dürfte.

Lösung OER?

Vor einiger Zeit hat sich vor allen Dingen Herr Larbigum das Thema Open Educational Ressourcen (OER) gekümmert – kurz gesagt geht es darum, selber freie Lehrmaterialien im Netz bereit zu stellen, um so, flapsig ausgedrückt, den Schulbuchverlagen ein Schnippchen zu schlagen.

CreativeCommons Logo

Hört sich gut an, ich wage jedoch zu bezweifeln, dass das auf Dauer funktionieren wird. Gutes, belastbares Unterrichtsmaterial zu erstellen ist eine aufwändige Arbeit, die man nur dann leisten kann, wenn man entweder absoluter Idealist ist, oder aber wenn man entsprechend dafür bezahlt wird. Der Vorläufer dieses Blogs, der tasten:gott, hat gezeigt, dass „Mitmachen“ unter Lehrern nicht gerade zur weitverbreiteten Tugend gehört.

Schaut man sich an, dass ca. 6700 Autoren an der deutschsprachigen Wikipedia mitarbeiten, die deutschsprachige Wikipedia pro Tag aber viele, viele Millionen Aufrufe hat (schöne Statistik: Am 31.1.12 wurde allein der Artikel zu „Hamburg“ fast 5.000 Mal abgerufen), so wird deutlich, dass es immer nur einige wenige Enthusiasten sind, die freies Wissen voran treiben. Ich wage zu bezweifeln, dass wir für all die unterschiedlichen Schulfächer in den unterschiedlichen Schulstufen und den landesspezifischen Curricula wirklich im Netz frei verfügbare Unterrichtsmaterialien zusammen bekommen. Schon alleine die Frage nach Hörbeispielen für den Musikunterricht (Klavierstücke mögen da noch gehen, aber symphonisches Orchester?) halte ich für die CreativeCommons Idee für unlösbar.

Und nun?

Ich weiß wirklich nicht, wohin die Reise geht. Ich bin der Meinung, dass der goldene Weg noch nicht gefunden ist. ACTA ist wahrscheinlich keine Lösung. Einfach nur gegen ACTA zu sein ist aber irgendwie auch nicht die Lösung. Ich möchte niemandem zu nahe treten, aber ich glaube, diese Aussage:

[quote]Worum es bei ACTA genau geht, darüber waren sich aber auch die DemonstrantInnen nicht ganz sicher. Nur die wenigsten haben das über 50 Seiten lange Handelsabkommen gelesen. Und die, die es taten, waren hinterher unschlüssig, was es genau aussagt.[/quote]

vom ORF trifft wahrscheinlich auf ein Gros der Demonstranten zu. Wer von denen, die gestern auf der Straße waren, weiß wirklich, wogegen er da demonstriert hat? Gegen ein mulmiges Gefühl im Bauch? Gegen etwas zu demonstrieren hat aus meiner Sicht nur dann Sinn, wenn man auch einen Gegenentwurf zu bieten hat. Wie aber sieht der aus? Ich habe noch keinen funktionierenden gesehen. Ich habe aber auch selber keinen funktionierenden Gegenentwurf in der Schublade liegen. Leider.

Möglicherweise geht es hier um die Quadratur des Kreises: Maximale Freiheit bei gleichzeitiger Wahrung schöpferischer Rechte. Geht das? Ich kenne das brandheiße Thema „Copyright“ von beiden Seiten, vielleicht fällt es mir deshalb so schwer, der aktuellen Schwarzweißmalerei beizupflichten. Aber eine Lösung ist das natürlich auch nicht. Ausrufezeichen. Fragezeichen.

(Bildquellen: Artikelfoto: 917press | flickr | CC BY-NC-SA 2.0 || CC-Logo: creativecommons.org ||  Raubkopierercassette: Wikipedia || Denker: Wikipedia)
Netzpolitik, ACTA, Copyright und so
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15 Kommentare zu „Netzpolitik, ACTA, Copyright und so

  • 12. Februar 2012 um 14:14 Uhr
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    Guter Post im Überblick – haben sich 14 Tage ohne Twitter ja gelohnt ;).
    Nur den Abschnitt „Kultur der Raubkopie“ halte ich für ein wenig pauschalisierend. Viele meiner Schüler benutzen wirklich eine Version von Open Office.
    Ich selbst z.B. kaufe meine Software seit Jahren selbst (vorher natürlich auch *hust*), spende sogar Geld für gute Open Source Software. – was aber auch damit zu tun hat, dass ich ordentlich Geld verdiene.

    Und ich bin mittlerweile ein großer Fan vom Streamingdienst Napster – höre damit Musik und kaufe auch wieder mehr Musik (ganz grundsätzlich, nicht dass ich vorher alles geklaut habe, aber doch bei Freunden mal was „aufgenommen“ – aber das ist sicher wieder der Eiertanz…der kein Ende findet. So schnell jedenfalls nicht.

  • 12. Februar 2012 um 15:27 Uhr
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    Ich bin immer mehr der Ansicht, dass sich ein Leben ganz ohne Twitter eventuell am allermeisten lohnt, aber das muss ich noch einmal in Ruhe eruieren ;-) Natürlich ist die Sache mit der „Kultur der Raubkopie“ ein wenig pauschalisiert – auch bei uns wird OpenOffice von vielen genutzt. Aber im Bereich „Musik“ und „Profisoftware“ ist das Unrechtsbewusstsein bei SuS nahezu nicht vorhanden. Erst neulich hat ein sehr begabter Schüler in Musik eine ganz feine Textvertonung vorgenommen, die ich gerne im Podcast der Schule veröffentlich hätte. Leider hat er eine raubkopierte Version der Musiksoftware und „geleechte“ Loops benutzt – damit war das Veröffentlichen natürlich gestorben…

    (Und ja, unser C64 hat damals auch nur äußerst selten mal eine Original-CD gesehen. Aber auch wir hatten damals nicht so richtig eine Idee davon, dass das ja eigentlich nicht richtig war, was wir da getan haben.)

    Was meinen eigenen Umgang mit Software und Medien angeht: Das sieht bei mir ganz genau so aus. Ich kaufe meine Software, meine Musik, meine Filme. Aber ich kann mir/wir können uns das finanziell auch erlauben. Da beißt sich dann die Katze aber leider auch schon wieder in den Schwanz – würde ein Sequencerprogramm wie Cubase oder FL Studio günstiger werden, wenn mehr Leute es kaufen würden, weil nicht mit jeder gekauften Version zig gecrackte Versionen mitfinanziert werden müssten? Ich weiß es nicht.

    Andererseits habe ich das Gefühl, dass Apple mit ihrer Politik, teure Profisoftware à la Aperture, Logic Pro und Final Cut Pro im AppStore zu sehr niedrigen Preisen anzubieten, vielleicht gelernt hat? Lohnt es sich wirklich noch, Software zu klauen, wenn man das Original zu so kleinem Preis bekommen kann? Aber belastbares Zahlenmaterial dazu habe ich natürlich auch nicht.

    Mit Napster und Co werde ich ja noch nicht so richtig warm, wie ich schon irgendwo hier bloggte. Ich habe bei Musik immer irgendwie das Gefühl, dass ich die „in echt“ besitzen und nicht streamen will. (Wobei natürlich „in echt“ bei MP3s/AACs auch relativ ist). Dennoch sind solcherlei Angebote ein Schritt in die richtige Richtung, finde ich. Der User bekommt seine Musik zu einem vertretbaren Preis, die Musikverlage bekommen ihren Teil vom Kuchen ab und die Künstler gehen auch nicht leer aus.

    Irgendwie in dieser Richtung muss man diesen ganzen Copyrightkram weiterdenken, scheint mir.

  • 12. Februar 2012 um 19:47 Uhr
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    Also, ich war mit demonstrieren.

    Gegen ACTA gab es drei Einwände:
    1) Die Angst vor einer Internetzensur. Die wird eh kommen, sage ich, aber ich möchte es den Leuten so schwer machen wie möglich.
    2) Das Unbehagen vor politischen Entscheidungen, die im stillen Kämmerlein getroffen werden. Klar erleichtert es das Arbeiten, wenn nicht alles öffentlich ist. Früher war das eh kein Problem, weil eine Veröffentlichung und Bekanntmachung technisch schwierig war. Heute ist das leicht – irgendwo im Web findet sich immer ein Spezialist, der eine Meinung dazu hat.
    3) (Und wohl am wenigsten wichtig:) Die Unzufriedenheit mit der gegenwärtigen Urheberrechts-/Verwertungssituation.

    Du nennst übrigens fast durchgehend „Verlage und die Musikbranche und die Filmbranche“, Leute, durch die Musik „aufgezeichnet, bearbeitet, instrumentiert, gemastert und gepresst“ wird. „Menschen, deren Beruf es ist, Musik zu produzieren, sollten dafür auch Geld bekommen.“
    Finde ich alles auch. Aber du schreibst kaum von Künstlern, Komponisten und Textern – sondern von den Verlagen. ISt das, was für die einen gut ist, automatisch auch für die anderen gut?

    >Warum sollte man also nicht auch geistiges Eigentum entsprechend schützen?

    Niemand hat doch etwas dagegen, geistiges Eigentum entsprechend zu schützen. Aber nicht entsprechend den Wünschen der Verlage, das stimmt.

    >Dennoch sträube ich mich dagegen, dass sämtliche Kulturerzeugnisse auf einmal kostenlos zu haben sein sollen, nur weil das Internet es möglich macht

    Straw man. Das fordert niemand ernsthaft.

    • 13. Februar 2012 um 07:21 Uhr
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      Sorry, wenn ich mich da unglücklich ausgedrückt hatte (liegt vielleicht daran, dass ich zu viele kenne, die ihre Songs komplett von A bis Z alleine produzieren), natürlich meine ich letztlich die gesamte Produktionskette: Komponist, Texter, Künstler (ggf. in Personalunion), Studiotechniker, Aufnahmeleiter, Produzent, Masterer, CD-Brenner, Bookletbedrucker, Bookletentwerfer, Grafiker fürs Booklet, CD-Hüllen-Hersteller, LKW-Fahrer, Musikladenangestelter, etc…

      Und ja, ich glaube schon, dass es für alle beteiligten in der Kette gut ist, wenn das, an deren Herstellungs- und Verkaufsprozess sie beteiligt sind, von Leuten gekauft wird.

      Wenn man das noch einmal von der Zeitschriftenseite betrachtet: Ich schreibe schon seit vielen Jahren zum Thema „Computereinsatz im Musikunterricht“. Lange Zeit auf der Plattform tasten:gott – ich werde heute noch von Kollegen, die ich neu kennen lerne, darauf angesprochen à la „Ach, Du warst das mit dem tasten:gott? Von Dir habe ich damals die Idee/dasProgramm XYZ für meinen Unterricht geholt.“ Das ist toll und ich fühle mich immer beschämt und gebauchpinselt zugleich. Ich hab das gerne gemacht und ich habe über die Google-Werbeeinnahmen immer Pi mal Daumen das Geld reinbekommen, was ich für den Server im Jahr bezahlt habe, der Rest war Eigeninitiative, Spaß am Neuen und wahrscheinlich eine gute Tüte Idealismus.

      Dann sind Verlage an mich herangetreten und haben gesagt: Mensch, das ist toll, was Du da machst, wir würden das gerne veröffentlichen und wir würden Dir da gerne Geld für zahlen.

      Toll. Ich konnte genau da weitermachen, wo ich eh schon viel Zeit investiert hatte, nur dieses Mal gab es Geld dafür. Das war gut für mich. Und der Verlag/Die Verlage hätte/hätten das sicher nicht gemacht, wenn es für sie nicht auch gelohnt hätte. Was also für den einen gut ist, ist auch für den anderen gut. Denn plötzlich reichte ein einzelner Artikel um die Kosten fürs Jahr einzuholen.

      Du schreibst, man wolle geistiges Eigentum nicht entsprechend der Wünsche der Verlage schützen. Warum eigentlich nicht? Bzw. wie denn dann? Wie oben schon geschrieben – den „Schultrojaner“ finde ich auch untragbar und dass ich als Lehrer aus keinem Schulbuch mehr etwas scannen dürfen soll, nervt mich ungemein. Aber wie sieht die Lösung aus? Ich habe keine parat. Wie sieht Deine Lösung aus? Wie sieht die Lösung der ACTA-Gegner aus?

      Wie gesagt, alle können gegen alles sein, ob es nun ACTA oder GEMA oder Verlage oder was-auch-immer heißt. Nur wenn man gegen etwas ist, dann müssen auch Alternativen her. Und ich hab die noch nirgendwo gefunden.

      • 13. Februar 2012 um 18:57 Uhr
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        „Und ja, ich glaube schon, dass es für alle beteiligten in der Kette gut ist, wenn das, an deren Herstellungs- und Verkaufsprozess sie beteiligt sind, von Leuten gekauft wird.“

        Das war aber nicht meine Frage. Die war die: ist das, was für ein Glied in der Kette gut ist, auch immer für alle gut? Dazu gleich ein Beispiel für einen von dir gewünschten Gegenvorschlag von mir (den ich so aktuell nicht gehört habe): 70 Jahre nach Tod des Autors sind zu viel. Die Musikindustrie hätte gerne 90. Ich hätte gerne 40. Du könntest argumentieren: wenn etwas bis 90 Jahre nach dem Tod geschützt ist, zahlt der Velag merh dafür, als wenn es nur 70 Jahre geschützt ist. Deshalb bist du für eine Verlängerung auf 90 Jahre – weil dadurch der Verlag bereit ist, mehr zu zahlen, und dafür profitiert der Künstler. Ich würde mich deiner Argumentation aber nicht anschließen. Warum nicht gleich 120 Jahre? Oder: warum hältst du 70 Jahre für den idealen Kompromiss zwischen Produzenten und Benutzern?

        Zweiter Vorschlag: Knebelverträge der GEMA ändern. Vielleicht irre ich mich da ab. Es ist doch so, dass du als GEMA-Mitglied *alle* deine Werke über GEMA laufen lassen musst und nicht etwa ein einzelnes Werk an der GEMA vorbei unter CC stellen oder deer Welt schenken kannst. Das möchte ich geändert sehen. Nicht durch die Politik, jedenfalls nicht nur die Regierung, denn die hat mit der GEMA ja nichts zu tun.

        • 13. Februar 2012 um 19:40 Uhr
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          Ich glaube, unser Verständnis von Verlagen, der GEMA und deren Funktion für all das ist so grundsätzlich verschieden, dass wir diese Diskussion besser mal bei einem Bierchen führen sollten, statt per Postings hier. Nur so viel: Niemand wird gezwungen, sich der GEMA anzuschließen und niemand MUSS dringend mit einem Verlag kooperieren. Ich betone auch nochmal: Ich bin nicht mit allem glücklich „so wie es ist“. Aber eine Lösung sehe ich auch nicht – egal ob ein Werk 70, 90, 40 oder 120 Jahre geschützt wird. Es muss anders gehen. Ich weiß aber nicht wie.

      • 13. Februar 2012 um 18:59 Uhr
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        Die Ironie an der Home Taping is killing music hast du aber bemerkt? Hat das Home Taping, das man auch zu verbieten versucht hat, die Musik tatsächlich umgebracht?

        • 13. Februar 2012 um 19:36 Uhr
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          Ja, habe ich. Aber Du hast meine Ironie in „Angst vor Raubkopieren…“ als Unterschrift zu genau DIESEM Bild nicht verstanden ;-)

  • 12. Februar 2012 um 20:17 Uhr
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    Hm, aber
    ACTA ist ja nicht wirklich eine politische Entscheidung – sondern ein Handelsabkommen, welches ja noch parlamentarisch legitimiert werden muss (und diese würde ja öffentlich stattfinden) – was ja ausgesetzt wurde. Wobei ich fast spotten möchte, obwohl doch in Deutschland fast alles schon umgesetzt wurde. D.h. ACTA beschreibt diesbezüglich nur den Status Quo.

    Die Frage müsste eher sein, inwieweit es weiter zugelassen würde, dass wirtschaftliche Interessen zu politischen Entscheidungen führen können, die die Souveränität der Staaten tangiert.

    Dann müsste man aber Fragen nach Griechenland stellen z.B.
    Oder nach andauernden Drohnenangriffen in Pakistans durch die USA.
    Oder, warum noch niemand in Nigeria einmarschiert ist. Oder Syrien.

    • 12. Februar 2012 um 21:40 Uhr
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      Aus Grund (1) heraus sind Leute beim Internet eben besonders hellhörig. Aber ich denke, der Wunsch nach Mitsprache wird später in anderen Bereichen noch mehr kommen. Mit all den Problemen, die das mit sich bringt; ich sehe das keinesfalls nur als Vorteil.
      Ansonsten halte ich ein Handelsabkommen sehr wohl für eine politische Entscheidung. Was denn sonst?

  • 15. Februar 2012 um 07:09 Uhr
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    @ Rau
    Es ist auch alles politisch. Man kann sich kaum etwas denken, dass keinen direkten politischen Bezug hätte und wenn sich Wirtschaft davon ausschließt, dann ist es ebenfalls eine politische Tat, die man auch so, kritisch sehen muss.

  • Pingback:Medienbildung ist politische Bildung » Kreide fressen

    • 3. März 2012 um 13:29 Uhr
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      außerdem sagt ja keiner, dass jetzt niemand mehr etwas für Musik bezahlt etc., nur ist es doch auch z.B. gute Werbung für einen Künstler, wenn Seine Musik auf Plattformen wie z.B. Youtube geteilt wird. Wenn ich z.B. ein Lied im Radio (oder wo auch immer) würde ich im Leben nicht auf Idee kommen, mir direkt das Album zu kaufen, sondern würde erstmal nach anderen Liedern des Künstlers suchen und wenn mir die Lieder dann auch gefallen, und ich diese Lieder gerne häufiger hören möchte, bezahle ich dem Künstler gerne seinen dann wohlverdienten Lohn.

      ACTA macht doch gleich jeden, der auch nur einen Wortlaut Zitiert zu einem Verbrecher!

      Wer so zensiert leben möchte, zieht -meiner Meinung nach- doch bitte gleich nach China und erfreut sich dort der mächtigen Kontrolle des Staates und der Lobbyisten.

      • 3. März 2012 um 13:35 Uhr
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        PS: Ich Kaufe Spiele nachdem ich sie getestet habe (bei Freunden, Videothek,….), Höre Musik über simfy (und bezahle jeden Monat 10€) bzw. kaufe mir die Alben z.B. bei iTunes und Filme bekomme ich dank Lovefilm.de auch legal ins Haus.

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