Spätestens seit durch COVID-19 Dinge wie Distanzunterricht, Hybridunterricht, Moodle, Padlet und Co in deutschen Lehrerzimmern und auf deutschen Lehrercomputern angekommen sind, machen sich immer mehr Kolleginnen und Kollegen Gedanken darüber, wie Schülerinnen und Schüler digital und vielleicht sogar selbstgesteuert im Musikunterricht, insbesondere in Distanzphasen, lernen können.
Auf der Suche nach Werkzeugen für quasi „interaktive„ Lerninhalte im Web stößt man relativ schnell auf H5P. Dabei handelt es sich um eine Art kostenlosen Online-Autorenwerkzeugkasten, mit dem HTML5-basierte Onlineaktivitäten entworfen werden können. Die H5P-Aktionen können standalone verwendet werden – oder aber mit Videoinhalten kombiniert werden – so entstehen „interaktive“ Videos, sozusagen Lernvideos mit integrierten kleinen Aufgabeformaten.
Das Werkzeug – H5P für interaktive Inhalte
H5P wird ständig weiterentwickelt und bietet aktuell zum Beispiel die Möglichkeit, diese Aktionen/Aufgabenformate zu entwerfen:
- Lückentext
- Memory
- Drag’n’Drop
- Wortsuche
- Markiere die Wörter
- Multiple Choice
- etc.
H5P lässt sich in viele bekannte Webtools einbinden, es gibt H5P z.B. als Plugin für Moodle oder für WordPress. Unter dem Namen „Logineo LMS“ rollt das Land NRW aktuell eine landeseigene Moodle-Installation an Schulen aus. Hier können H5P-Inhalte eingebunden werden. Diese Webseite, auf der Du gerade bist nutzt WordPress – auch hier konnte ich H5P ganz einfach als Plugin integrieren.
Aber auch ohne auf eine eigene Webseite, ein eigenes Blog, ein schuleigenes Moodle oder auf „Logineo LMS“ zurückgreifen zu können kann jeder und jede H5P-Inhalte bauen. Die Zentrale für Unterrichtsmedien im Internet, vielen vielleicht schon länger wegen des ZUM-Pads, einer freien Installation von Etherpad, bekannt, ermöglicht es, nach einer kostenlosen Registrierung bei ZUM Apps, dort auf alle H5P-Inhalte zurückzugreifen, eigene Inhalte zu bauen und auch zu veröffentlichen.
Viele Lehrerinnen und Lehrer haben dieses Angebot in den Zeiten des Distanz- und Hybridunterrichts genutzt und haben einfach einmal ausprobiert, was sich mit H5P so basteln lässt. Manche Übungen sind richtig gut, anderen sieht man an, dass es erste Gehversuche mit H5P sind. Ein Kollege aus dem nahen Paderborn hat zum Beispiel mit der Aktivität „Drag’n’Drop“ eine Übung zur Zuordnung von Intervallen gebaut:
Da ich beruflich schon seit mehreren Jahren H5P Inhalte gebaut habe – allerdings für mein Zweitfach Englisch – schien es an der Zeit, nun endlich auch einmal etwas für Musik zu bauen, vielleicht etwas, das auch andere Kolleginnen und Kollegen da draußen verwenden können – wer weiß, wie lange uns noch Hybrid- und Distanzunterricht begleiten werden.
Die Idee – Zeigen, was H5P für den Musikunterricht leisten kann
Also habe ich mich gemeinsam mit meinem Freund Michael hingesetzt (natürlich auf Distanz, er wohnt aber sowieso fast 400km weit entfernt) und einige Tage lang ein Projekt verfolgt, welches zeigen sollte, wie man mit H5P für den Musikunterricht arbeiten kann. Wir geben zu – es hat uns jede Menge Spaß gemacht, vielleicht sind wir aber – insbesondere mit den vielen Zusatz-Informationsseiten und Spielen und Rätselaufgaben, die Michael zum Beispiel zu den ganzen Instrumenten gebaut hat – auch ein ganz kleines bisschen übers Ziel hinausgeschossen.
So oder so – herausgekommen ist ein laut H5P „Interaktives Video“ basierend auf einem YouTube-Film zum „Karneval der Tiere“ von Camille Saint-Saënts. Wahrscheinlich kann man Schülerinnen und Schüler mehrere Musikstunden lang mit dem Video und den Zusatzmaterialien im Distanzunterricht beschäftigen – so ist es aber natürlich nicht gedacht.
Einer der bestechenden Vorteile von H5P wird hier sofort deutlich: Wir mussten uns nicht in rechtliche Grau- oder Dunkelgrauzonen begeben, da das zugrundeliegende Video des Zagreb Music Academy Chamber Orchestra jederzeit live von YouTube gestreamt wird. Wir haben keine Kopie des Videos angefertigt oder heruntergeladen. H5P legt unsere Aufgaben einfach über das Videobild des gestreamten YouTube-Videos. Natürlich brauchen Schülerinnen und Schüler dann eine aktive Internetverbindung um das Video zu sehen und die Aufgaben und Aktivitäten innerhalb des Videos durchführen zu können.
Gamification, Differenzierung, Lernspaß – wir bauen einfach ALLES ein :-D
Wir haben das Video angereichert mit Quizzes, kleinen Spielen, Hörpartituren, differenziertem Material zur Vertiefung und zum Selbststudium sowie einem abschließenden kleinen „Zusammenfassungstest“.
Gleich zu Beginn geben wir den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, zu einem bestimmten Tier zu springen – vielleicht ist es heute ja nur wichtig, sich „Das Aquarium“ anzuhören.
An verschiedenen Stellen verlinken wir auf Zusatzmaterialien auf Michaels Seite – wer möchte, kann sich sehr vertiefend mit den einzelnen Instrumenten und Instrumentengruppen auseinandersetzen und findet auch dort wieder reichlich unterschiedliche Spiele, Quizzes und Aktivitäten – die allemeisten davon hat Michael mit H5P gebaut.
Jaja, genug geredet – zeig mir das Video!
Ja. Ist ja gut. Hier ist das Produkt unserer gemeinsamen Arbeit in den Osterferien:
Am besten ist es, wenn Du das Video über den Zoom-Button unten rechts groß machst – in der kleinen Version hier im Beitrag sind manche Texte schon ein bisschen klein zum Lesen…
Das sieht aber alles gar nicht so schick aus wie da oben in den Screenshots!
Dann hast Du das Video vielleicht auf einem Smartphone geöffnet. Leider versucht H5P, „schlau“ zu sein und verändert die Darstellung von interaktiven Elementen je nachdem, wie viel Platz es auf dem Bildschirm zur Verfügung hat. Das kann bei Smartphones dazu führen, dass H5P Texte, die wir eigentlich bildschirmfüllend einblenden hinter Buttons versteckt, auf die man klicken muss um dann ein Fenster zu öffnen, etc.
Leider hat man als H5P-Autor da keinerlei Einfluss drauf. Deshalb müssen wir ganz ehrlich sein – auf Smartphones macht das interaktive Video nicht so wirklich Spaß. Aber auf Tablets und auf „echten“ Computern läuft das alles ganz wunderbar. Wir haben es getestet. Und zwar oft!
Ich will das auch haben – darf ich?
Natürlich. Wir haben das interaktive Video mit einer Creative Commons CC-BY-SA-NC Lizenz versehen. Das bedeutet, Du kannst das Video sogar auf Deiner eigenen Webseite einbinden, Du kannst es bearbeiten, verändern, mit eigenen Ideen verbinden, 90% unserer Aufgaben rauswerfen und Deine eigenen, besseren Ideen einbauen – ganz egal.
Du musst nur deutlich machen, dass die Ursprungsidee für dieses interaktive H5P Video von Michael und mir kommt (BY), du musst Dein eigenes Werk unter gleichen Bedingungen weitergeben (SA) und wir verbieten Dir, unser Video für kommerzielle Zwecke einzusetzen (NC).
Unter dem Video findest Du zwei Buttons – reuse und embed – über embed kannst Du das Video so wie es ist bei Dir verwenden (und es z.B. in Deinen Logineo-LMS-Kurs einbinden). Wenn Du reuse wählst bekommst Du das H5P-Paket und kannst es auf Deiner Seite importieren – dort steht Dir dann der H5P-Editor zur Verfügung und Du kannst das Video mit eigenen Aufgaben ergänzen, Fehler in unseren Sachen korrigieren, das rauswerfen, was Du völlig überflüssig findest, etc.
Nachtrag – Videoseite für SchülerInnen ohne Kommentar
Wenn Du Deine Schülerinnen und Schüler mit dem Video arbeiten lassen möchtest, dann willst Du das vielleicht tun ohne den gesamten Kommentar drumherum. Das geht auf dieser Seite – hier ist nur das Video zum Karneval der Tiere und sonst (fast) nichts.