Für das Zentralabitur in Musik sind für die Jahre 2014, 2015 und 2016 in NRW Inhalte vorgegeben, die einigen Kollegen schon länger Kopfzerbrechen bereiten. Das Thema „Neue Klang- und Ausdrucksmöglichkeiten: Auswirkungen neuer Technologien auf musikalische Gestaltung“ sieht vor, dass im Unterricht folgende Künstler/Werke behandelt werden:
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- Elektronische Komposition als Überwindung traditionellen Materialdenkens am Beispiel von: Karlheinz Stockhausen: Gesang der Jünglinge
- Elektronik Pop als Ideengeber für Hip Hop und Techno am Beispiel von: Kraftwerk: Trans Europa Express und Numbers
Ich habe letztes Jahr beide Themen in meiner Q1 unterrichtet und dachte mir, vielleicht kann mein Material Inspirationsquelle für andere Kolleginnen auf der Suche nach Informationen oder Unterrichtsideen sein. Einige Inhalte sind angelehnt an die sicherlich weithin bekannten Materialien vom Kollegen Hubert Wisskirchen, der schon seit Jahren auf seiner Webseite vielfältiges, zum Teil aber auch hoch anspruchsvolles und – aus meiner Sicht – für den Unterricht häufig nur in herabgebrochener Form einsetzbares Material zur Verfügung stellt.
Hier beginne ich mit dem Höreindruck und einem weißen Blatt Papier, auf dem die Schüler Ihre Gedanken während des Hörens aufschreiben oder -malen können. Nach Vorstellung und Diskussion der Eindrücke folgt eine Auseinandersetzung mit einem Interview Stockhausend sowie einem SPIEGEL-Artikel. Leitende Fragen in etwas: „Warum reagieren wir/das historische Publikum so ablehnend?“ / „Mit welchen Konventionen brach Stockhausen?“ / „Welcher künstlerische Anspruch steckt in seiner Musik?“
Thomas Lange: Künstliche Intelligenz oder Kollateraler Irrsinn (10,6 MiB, 542 Downloads bisher)
Lohnenswert ist ein Blick in die Arte-Dokumentation zu Stockhausen, die online leider nur in der französischen Version zu finden ist, ich selber bin im Besitz der deutschen Fassung, diese kann ich aber aus Copyrightgründen hier nicht verbreiten.
[yt]ZcazHoTDKI8[/yt] [Nachtrag Juli 2015: Leider gibt es das oben verlinkte Video auch nicht mehr online. Ähnlich interessant ist allerdings der Audiobeitrag von WDR3]:Nach einer Sammlung dessen, was Stockhausen im „Gesang der Jünglinge“ an Material verwendet hat (Sprachaufnahmen, Gesangsaufnahmen, Sinustöne, Knacke) schließt sich eine Gestaltungsaufgabe an – hier geht es darum, mit Audacity selber Musik zu gestalten, die die Stockhausen’schen Techniken einsetzt.
Der Band „Kraftwerk“ nähere ich mich in meinem Unterricht durch ein Stationenlernen. Die fünf Stationen, unterstützt durch Audio- oder Videomaterial, das per QR-Code auf den Mobiltelefonen der Schüler abrufbar ist, nehmen sich dieser Inhalte an:
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- Kraftwerk – Bandbiographie
- Musik Kraftwerks
- Bild- und Bühnenästehtik der Band Kraftwerk
- Musikbeispiele und Musikvideos
- Instrumente aus den Anfangstagen (Minimoog, Orchestron, Synthanorma, Votrax, Vocoder)
Den Abschluss des Stationenlernen kann ein kleines Kreuzworträtsel darstellen, dieses habe ich letztes Jahr genutzt:
Um sich dem Drumloop aus Numbers anzunähern, setze ich eine kleine Bodypercussion ein, die es den Schülern ermöglichen soll, sich den Drumloop klar zu vergegenwärtigen, schließlich wird es im weiteren Verlauf der Reihe darum gehen, diesen Beat in verschiedenen anderen Musikstücken wieder zu entdecken.
In Gruppenarbeit oder als Gruppenpuzzle lasse ich die Schüler dann drei ganz unterschiedliche Stücke vorstellen und auf die Verwendung des Numbersloops hin analysieren:
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- Afrika Bambaataa – Planet Rock
- 69 Boyz – Tootsee Roll
- Deize Tigrona – Injecao
Eine kleine Gestaltungsaufagbe, die am Ende der Reihe oder auch kurz vor der Auseinandersetzung mit dem Numbersloop in anderen Songs stehen kann wäre, mit einer virtuellen Roland TR-808 einmal selber einen Beat zu programmieren. Mit Audiotool ist das kein Problem.
Weitere Materialien, die einen Blick Wert sind, wenn es um „Kraftwerk“ im Musikunterricht geht:
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- Zeitungsartikel: Jenseits des Starkults – Mysterium Kraftwerk
- Kraftwerk bei einem ihrer ersten Auftritte 1970 in Soest(!)
- Video zum Auftritt 1970 in Soest
Mensch da wird man als Baden-Württemberger geradezu neidisch auf solch tolle Abithemen!
Eine weitere Möglichkeit zu Gesang der Jünglinge (und natürlich auch zu Kraftwerk), wäre vielleicht auch ein Ausflug auf die Website http://www.patchwork-synth.com/ .
Man könnte in Kleingruppen einen einfach modularen Synthesizer basteln und somit einen Eindruck davon gewinnen, wie denn synthetische Klänge entstehen und welche klanglichen Möglichkeiten bestehen.
Schöne Grüße und vielen Dank für das tolle Material!
Johannes Treß
Oh. Was für eine interessante Seite! Vielen Dank für den Tipp mit dem Patchwork-Synth. Das werde ich dieses Jahr mal versuchen, in meine Reihe einzubauen!
Darüber hinaus:
Ich suche ja immer nach Autoren, die Lust haben, über solche Sachen (Computer im Musikunterricht) meiner Zeitschrift zu schreiben. Wenn Du also Interesse hättest… einfach mal Bescheid sagen!
Ach ja, so einen Musikunterricht hätte ich mir auch gewünscht. Stattdessen wurden wir mit den legendären Lernzielkontrollen der „Musicassette“ malträtiert. War leider alles sehr theoretisch, sodass es mir ein bisschen die Lust am richtigen Erlernen eines Instrumentes verleidet hat. Das passierte dann parallel zuhause mit Midi-Keyboard und Sequencer Software – lange vor VST und Co…
Ja, der Musikunterricht hat sich – auch im Vergleich zu meiner Zeit als Schüler – schon stark verändert. Wobei es Lernzielkontrollen bei mir auch gibt ;-D
Danke, das hilft mir schon mal weiter! Ich sitze gerade an der Reihenplanung und muss mir auch noch eine Klausur einfallen lassen, da bin ich echt noch am Schwimmen…
Da würde ich mal in Richtung „Gestaltungsaufgabe“ denken, falls Du die Räumlichkeiten dafür hast. Ansonsten bietet sich bei Stockhausen ganz bestimmt eine „Erörterung sachspezifischer Texte“ an, würde ich denken. Vielleicht könnte man auch einen Teil seines Vortrags transkribieren, den es online auf seiner Seite gibt: http://www.karlheinzstockhausen.org – die Bezüge zur zweiten Wiener Schule lassen sicherlich interessante Gedanken zu…